26 Okt Aus eigener (Üb)erzeugung
Regionale Lebensmittel
Der Wunsch nach regionalen Lebensmitteln und Nachhaltigkeit ist im Gastgewerbe seit Jahren deutlich spürbar. Die Flair Hotels bieten ihren Gästen selbstverständlich Produkte aus ihrer Heimat an. Einige Flair Hoteliers produzieren sie sogar selbst – direkt vor der Haustür.
Wenn Kay Neeth morgens mit dem Hund zu seinen Hühnern geht, wird er mit aufgeregtem Gegacker begrüßt. Er bringt ihnen Futter, und das wissen die Hühner natürlich. Wenn alle satt sind, nimmt er die frisch gelegten Eier mit, denn die bekommen seine Gäste im Flair Hotel Neeth zum Frühstück serviert. „Unsere eigenen Eier sind auf dem Buffet mit einem Smiley verziert“, erklärt seine Frau Silvia Neeth. Falls die mal nicht reichen, gibt es noch Eier aus Bodenhaltung dazu.
Während bei den Neeths gerade das Frühstück läuft, zieht Henning Molt vom Flair Hotel Strengliner Mühle seine Anglerhosen an. Er hat hinterm Hotel zwei Teiche mit Karpfen und einigen anderen Fischen, außerdem fischt er im nahen Wadersee. „Ein bis zweimal in der Woche bringen wir die Netze aus und holen sie am nächsten Tag wieder ein“, berichtet er. Die Fische gibt es später im Restaurant. Im Flair Hotel Reuner wird unterdessen eifrig gegossen. Gemüse, Kräuter und Salate in der hauseigenen Gärtnerei wollen gepflegt werden, damit sie den Gästen später auch schmecken.
Themen wie Nachhaltigkeit, Bio und Regionalität liegen immer stärker im Trend. Wenn möglich, kaufen viele Konsumenten heute gerne beim Bauern um die Ecke, in Naturkostläden oder auf dem grünen Markt ein. „Aus der Region“ ist für deutsche Verbraucher die wichtigste Beschriftung auf Lebensmittelverpackungen. Dies zeigt der „Trendreport Food 2017“. In Restaurants achten die Gäste mehr denn je darauf, wo die Produkte für die Speisen her kommen. Und wer Urlaub auf dem Land macht, wünscht sich auch dort Essen regionaler Herkunft. Viele Flair Hotels haben dieses Bedürfnis längst erkannt und sind unter die Gärtner oder Tierhalter gegangen. So können sie ihren Gästen beim Frühstück oder im Restaurant frische Produkte anbieten, die direkt vor der Haustür erzeugt wurden.
Daniel Reuner
Die eigene Gärtnerei im Flair Hotel Reuner
„Wir haben eine eigene Gärtnerei, wo wir sehr viel anbauen und selbst ziehen“, berichtet Daniel Reuner vom Flair Hotel Reuner. Von Gurken und Tomaten über Blumenkohl, Brokkoli und Kohlrabi bis hin zu Kürbissen und Zucchini gibt es bei ihm eigentlich alles, was im Restaurant gebraucht wird. Die Tomaten und Paprika wachsen im Sommer direkt vor den Nasen der Gäste. Auch frische Kräuter holt Daniel Reuner direkt aus dem Garten. „Viele Häuser haben ja frische Kräuter, aber wir haben es noch ein bisschen weiter getrieben“, erklärt er. So baut er auch Blüten an, die in der Küche Verwendung finden, etwa die Physalis.
Auf dem Gelände der Reuners leben außerdem Hühner für die Frühstückseier und saisonbedingt auch Wachteln. Es gibt eine Herde mit 50 Lämmern und Kaninchen. Die werden auch selbst geschlachtet und daraus Wurstwaren, wie Salami und Schinken hergestellt. Reuners Vater steuert als Jäger noch Damwild und Wildschweine bei. Außerdem machen die Reuners ihr Steinofenbrot komplett selbst. Alle Tiere bekommen die Grünabfälle aus dem Garten zu Fressen. Der Rest wird kompostiert, so wird wieder Erde für die neu gezogenen Pflanzen gewonnen.
Wir wollen möglichst wenig Abfall produzieren.
erklärt Reuner den Kreislauf, dann geht er auf weitere Vorteile der eigenen Erzeugung ein: „Wir haben superkurze Wege“, verdeutlicht der Hotelchef die Vorteile des eigenen Gartens. „Wenn Salat benötigt wird, kann man ihn schnell holen.“ Das entspricht dem Slow-Food-Trend. Gemeint ist damit Essen, das möglichst wenig bewegt wurde. Die Gärtnerei ist so groß, dass Daniel Reuner einen Gärtner beschäftigt, der sich zusammen mit Reuners Vater, dem Hausmeister und einigen anderen Angestellten um die Pflanzen kümmert. „Auch wenn sich das in den Kosten nicht direkt widerspiegelt – es lohnt sich“, bilanziert der Hotelchef. Die Qualität des eigenen Gemüses sei einfach deutlich besser, als die des günstigen Gemüses aus dem Supermarkt.
Flair Koch des Jahres 2019, Sven Pröschold
„Wir versuchen, mit den Produkten zu kochen und zu wirtschaften, die wir vor der Haustüre haben“, sagt auch Werner Pröschold vom Flair Waldhotel Mellestollen. Eine eigene Gärtnerei, wie das Flair Hotel Reuner habe man zwar nicht. „Aber das, was geht, machen wir schon.“ So gibt es bei ihm Salat-, Gemüse- und Kräuterbeete sowie im Ort einen kleinen Acker mit etwas Landwirtschaft. „Die Zeit und Arbeit darf man nicht unbedingt sehen“, so Pröschold. Aber die Qualität müsse stimmen. „Und deswegen lohnt sich das eigentlich immer.“ Pröscholds Mutter zieht in der Saison regelmäßig los, um alle möglichen Beeren zu pflücken. Später macht sie daraus Marmeladen, die die Gäste beim Frühstück verkosten können. „Dass die hausgemacht sind, das schmeckt man auch“, sagt Pröschold. Auf dem Gelände seines Hotels leben auch Tiere. Zurzeit sind es zwei Schweine, Kaninchen, Esel, Ziegen und Schafe. Denn der gelernte Koch Pröschold verarbeitet schon seit 1992 zusammen mit einem Fleischer Tiere zu Wurst für die Hausgäste.
Hoteleigener Weinberg
Die Schafe, die vor dem Flair Hotel Villa Ilske ihre Runden drehen, landen zwar hin und wieder auch im Kochtopf. Hauptsächlich sollen sie aber den riesigen Außenbereich pflegen. Dafür ist der hoteleigene Wein ein Renner im Restaurant. Seit 14 Jahren hat das Flair Hotel Villa Ilske eigene Weinberge, in denen Spät- und Weißburgunder angebaut werden. Im vergangenen Frühjahr kamen außerdem 40 Stöcke Bacchus dazu, im kommenden Frühjahr soll noch Muscaris angepflanzt werden. „Dann haben wir insgesamt 1600 Quadratmeter Weinberg“, rechnet Hotelchef Jürgen Becker vor. Bei dieser Menge lohnt sich der eigene Weinbau für ihn auch. Der Wein ist sein Aufgabengebiet, dafür hat er eigens Seminare und Schulungen besucht. „Zu 80 Prozent mache ich alles selber, manchmal unterstützt mich unser Hausmeister.“ Die Weine werden im Restaurant ausgeschenkt – auch der selbstgemachte Regent, der noch an der Pergola am Haus wächst. Becker ist stolz:
Die Gäste loben, dass der eigene Wein qualitativ so hochwertig ist und sind sehr zufrieden.
Tierische Produkte aus eigener Erzeugung – alles muss verwertet werden!
Was bei den Beckers der Wein ist, sind bei den Molts im Flair Hotel Strengliner Mühle die Fische. „Historisch gesehen, sind wir eine der ältesten Fischzuchten im Land“, sagt Hotelchef Henning Molt. Da das Hotel früher eine Mühle war, brauchte man den Mühlenteich. Wenn er seine Netze wieder einholt, weiß der Hotelchef nie so genau, welche Fische drin sind. „Das ist nicht planbar.“ Immerhin reicht die Menge in der Regel, um den Bedarf für das Restaurant zu decken. Für die Küche ist es immer wieder eine Herausforderung aus den Fischen etwas zu zaubern – besonders wenn es eher seltene Fische sind. „Aus dem Hecht kann man zum Beispiel kein Filet machen, weil er zu viele Gräten hat“, erzählt Henning Molt. „Dann machen wir eben eine Bratwurst draus.“ Das macht die Gäste neugierig. Kräuter, Salate, Tomaten, Gurken und Beeren kommen im Flair Hotel Strengliner Mühle aus dem eigenen Mühlengarten. „Das mache ich auch alles selber“, sagt Henning Molt. „Es lohnt sich eigentlich nicht, wenn man es ernst aufrechnet, aber es hat einen gewissen Freizeitwert.“ Wichtig ist für ihn, dass er hier auch einige Spezialitäten anbauen kann, die er sonst nicht so einfach bekommen könnte, etwa blaue Kartoffeln.
Was die Molts außerdem noch selbst erzeugen, kann man nicht essen oder trinken. Es ist die Wärme für das Hotel. „Wir haben etwas Wald und Knicks, in denen wir Holz für unsere Hackschnitzelanlage erzeugen.“ So kann die Wärme im Hotel zu 100 Prozent aus erneuerbaren Energien gewonnen werden. Molt:
Jeder Tropfen heißes Wasser, der bei uns aus dem Hahn kommt, ist CO2 neutral.
Die eigene Bio-Rinderherde für das Hotel
Leckereien aus der eigenen Bio-Rinderzucht kommen im Flair Hotel Werbetal auf den Tisch. „Die Landwirtschaft hatten wir schon immer“, erzählt Hotelchef Christian Gerlach. Er ist mit Nutztieren groß geworden und betreibt jetzt die Rinderzucht auch als Hobby. „Nieder-Werber Höhenrind“ – so heißt die Rasse, die er selbst gezüchtet hat. Zwischen 15 und 25 Tiere umfasst seine Herde. Mit eineinhalb bis zwei Jahren werden die Jungbullen geschlachtet. Dann gilt es, das ganze Tier im Restaurant zu verwerten. „Nur Rumpsteak und Filet verkaufen – das geht dann natürlich nicht“, erklärt Christian Gerlach. Deshalb gibt es im Flair Hotel Werbetal viele Küchen-Kreationen aus Rindfleisch, zum Beispiel Hacksteaks oder im Sommer den Bullen-Burger. „Wenn wir geschlachtet haben, haben wir meistens eine ganze Seite in der Speisekarte stehen.“ Bei den Gästen kommt das sehr gut an. „Wir machen auch Wurst, und die nehmen sie dann gerne mit nach Hause“, berichtet der Hotelchef.
Wanderer packen gerne einen Pfefferbeißer als Wegzehrung ein. Seit drei Jahren ist Gerlachs Zucht biozertifiziert. Um die Tiere kümmert sich der Chef selbst. Aber der Arbeitsaufwand hält sich in Grenzen, wie er selbst sagt. Die Tiere sind das ganze Jahr draußen auf den Weiden rund um Nieder-Werbe. Dort benötigen sie nur hin und wieder ein Wasserfass. Im Winter steht ihnen zusätzlich ein Stall zur Verfügung mit großer Futterraufe, die nicht täglich neu befüllt werden muss. Apropos Futter: Das Futter für seine Tiere –Heu und Silo – erzeugt Christian Gerlach auch selbst.
Im Flair Hotel Neeth müssen die Hühner jetzt ausgemistet werden. „Lohnen tut sich das eigentlich nicht“, sagt Silvia Neeth. „Die Eier kann man mit Gold aufwiegen.“ Aber die eigenen Eier seien ein Hingucker. „Und die Gäste sind auch ganz glücklich, wenn sie die Hühner laufen sehen.“ Im Flair Hotel Neeth kommen aber nicht nur die Frühstückseier aus eigener Erzeugung. Hier gibt es auch eine Kräuterschnecke für die Küchenkräuter. „Und unsere Oma macht die meisten Marmeladen selbst.“ Zur Saison bietet die Familie noch Apfel- und Pflaumenkuchen von eigenem Obst aus dem Garten an. Am Ende des Tages fordern aber wieder die Hühner ihre Aufmerksamkeit, wie Silvia Neeth sagt. „Abends muss sie immer jemand ins Bett bringen.“